astro: viva la luna
Warum ein bisschen Esoterik niemanden schadet und warum wir den Mond so feiern.
Ina
Letztens, als eine ziemlich wichtige private Entscheidung anstand, und ich ganz selbstverständlich, nämlich so, als wäre es das allernormalste auf der Welt, meine Tarotkarten vor mir auflegte und höchst konzentriert eine davon zog, musste ich plötzlich ganz laut losprusten. Mein jüngeres Ich hätte vermutlich kopfschüttelnd die Stirn gerunzelt. Ich belächelte früher meine Eltern, wenn sie unser Haus ausgeräuchert haben und Wasser aus einer mit Steinen befüllten Karaffe tranken. Am allermeisten schmunzelte ich aber über meine Oma, die ihre Haare nur dann geschnitten hat, wenn der Mondkalender es erlaubte und sogar ihre Pflanzen danach hegte und pflegte. Und jetzt bin ich schlimmer als sie alle zusammen. Hokospokusfidipus!
Als ich mich wieder beruhigt hab, hab ich die Karte angeschaut. Neumond im Stier, Wohlstand in Sicht. “Diese Karte wird häufig gezogen, wenn man finanzielle Angelegenheiten hinterfragt oder den eigenen Selbstwert anzweifelt. Sie legt nahe, dass du bekommen kannst, was du willst...” Bei meiner eigentlichen Frage ging es nicht um Finanzen, aber das macht nichts. Und natürlich merke ich mir nur das, was ich mir merken will. Ich machte mir auf meiner To-Do Liste die Notiz „Bankberaterin anrufen“. Es ist ja nicht so, dass ich meinen klugen Karten mehr vertraue, als meinem Bauchgefühl oder der Meinung meiner Freunde. Aber es löst ein Gefühl der Sicherheit aus in mir. Andere gehen nun mal in die Kirche oder klopfen auf Holz.
Schon seit etwa vier Jahren nehme ich mir am Abend des Neumonds ganz bewusst Zeit für mein Ritual. Es hilft mir, Altes hinter mir zu lassen und mich auf die Gegenwart zu fokussieren. An besagten Nächten räuchere ich meine Wohnung mit Palo Santo aus Peru aus, um sie vor böser Energie zu bewahren. Dann drehe ich Meditationsmusik auf, zünde Kerzen an und mache es mir am Dielenboden gemütlich. Ich gehe in mich und resümiere die vergangenen 28 Tage. Ich schreibe auf, für was ich dankbar bin und im Anschluss formuliere und manifestiere ich meine Wünsche und Ziele für die nächste Zeit. Am Ende ziehe ich oft noch eine Tarotkarte.
Das Neumondwünschen ist ein Ritual, das ich nicht mehr missen möchte. Sich bewusst Zeit für sich selbst nehmen, um zu reflektieren und zu manifestieren, das tut gut- ein monatliches Date mit mir selbst sozusagen. Und: Sogut wie alles, was ich mir in den letzten Jahren gewünscht hab, ist in Erfüllung gegangen. Ob das an der Magie des Mondes liegt oder nicht, ist mir egal.
Verrückt? Kann sein. Doch ich denke, ein bisschen Esoterik schadet nicht. Vor allem nicht, wenn man es in Maßen zelebriert. Oder in anderen Worten: Hüfts ned, schodts ned.
Anna
Ich bin in einem Haushalt aufgewachsen, in dem ich bei Halsweh ein blaues Tuch umbinden sollte wegen der Energie, in dem ich Frisörtermine seit ich 12 bin nach dem Mondkalender ausmache (an Krebstagen werden die Locken gar nix!) und in dem ich mit 14 statt auf der BEST bei einer Astrologin war, um rauszufinden, welche Schule für mich passend wär.
Für mich sind Esoterik, Schwingungen, Energien, Astrologie und Spiritualität ein Teil des Lebens, dem man mehr oder weniger Raum geben kann. Ich liebe Horoskope und bekomme mein Tagesupdate täglich per App, ich treffe aber keine wichtigen Entscheidungen auf deren Grundlage. Sternzeichen haben mir schon immer Spaß gemacht. Vielleicht weil ich eine Person bin, die sich Geburtstage sehr gut merkt und daher weiß ich eigentlich immer, welches Sternzeichen die Menschen in meinem Leben sind. Und wenn sich dann jemand wieder mal so gar nicht entscheiden kann und mir dann einfällt „naja, die ist halt typischer Zwilling“ kann ich es der Person eher nachsehen. Allerdings sehe ich das Ganze trotzdem mehr als Spielerei, die Spaß macht und nicht als todernste Wissenschaft.
Was ich aber richtig in mein Leben integriert habe ist der Mondzyklus. Vor allem seit ich nicht mehr hormonell verhüte und meine Zyklen viel intensiver wahrnehme fühle ich mich dem Mond und seinen Phasen verbunden. Sailor Moon wusste es schon immer. Ich kann die Hochs und Tiefs besser annehmen, weil ich weiß, dass es am nächsten Tag wieder anders ausschauen kann. Es gibt mir Sicherheit. Wenn ich einen Putzanfall habe und danach feststelle, dass der Vollmond in der Jungfrau ist, bestätigt mich das in meinem Tun. Wenn ich super emotional bin ist der Fische Vollmond plus PMS dafür eine angenehme Erklärung, die mir Frieden gibt.
Ich bin auch nicht immer gleich motiviert, beziehungsweise spüre ich diese Sachen mal mehr mal weniger. Inas Neumondritual mache ich auch hin und wieder, aber lang nicht so konsequent. Was sich aber fast immer ausgeht ist zumindest eine Kerze anzuzünden und mir ein paar Minuten zu überlegen, was ich mir für das nächste Monat vornehme. Wenn ich Zeit und Muße habe, höre ich mir einen passenden Podcast dazu an, meditiere ein bisschen oder schreib was in mein Tagebuch. Das wichtigste ist, auf sich und seinen Körper zu hören und zu vertrauen. Wenn das dann zufällig im Einklang mit den Mondphasen ist oder sich gut ergänzt, dann ist das nichts anderes als Selfcare.
Wenn ihr mich jetzt für durchgeknallt haltet, kann ich damit leben. Ich hab ja die Magie des Mondes auf meiner Seite.